ADHS

ADHS – Aufmerksamkeitsstörungen / Hyperaktivität

Alle Kinder (und das gilt auch für Erwachsene) sind manchmal unruhig, sie sind aufgedreht, werden durch Kleinigkeiten abgelenkt und können sich nicht konzentrieren. Es ist normal, dass sich jüngere Kinder häufiger unruhig verhalten, und auch ungeduldig sind, wenn sie auf etwas warten müssen, oder dass es für sie schwierig ist längere Zeit bei einer Sache zu bleiben.

Das Ausmaß und die Stärke der Unruhe, der Ablenkbarkeit und der Unkonzentriertheit entscheiden, ob von einer Aufmerksamkeitsstörung zu sprechen ist oder nicht.

Viele Begriffe sind im Moment im Umlauf, die diese Erkrankung bezeichnen:

  • ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung)
  • ADS (Aufmerksamkeits-Defizit-Störung)
  • ADHD (Attention Deficit Hyperactivity Disorder)
  • Hyperkinetische Störung / Hyperkinetisches Syndrom
  • ADD (Attention Aeficit Disorder)
  • POS (Psycho-Organisches-Syndrom)

Folgende Symptome der Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (DSM IV) können vorhanden sein:

Unaufmerksamkeit

Das Kind

  • beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei der Arbeit
  • hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten
  • scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie ansprechen
  • führt  häufig Anweisungen  anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen
  • hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren
  • vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger andauernde geistige Anstrengungen erfordern
  • verliert häufig Gegenstände, die für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt werden
  • lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken
  • ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich

Hyperaktivität:

Das Kind

  • zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum
  • steht in der Klasse oder in anderen Situationen, in denen Sitzen bleiben erwartet wird, häufig auf
  • läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist
  • hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen
  • ist häufig „auf Achse” oder handelt oftmals, als wäre er/sie „getrieben”
  • redet häufig übermäßig viel

Impulsivität:

Das Kind

  • platzt häufig mit den Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist
  • kann nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist
  • unterbricht und stört andere häufig

Es werden heute drei Erscheinungsformen unterschieden:

  1. Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität (motorische Unruhe) und Impulsivität
  2. Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität und Impulsivität
  3. Hyperaktivität ohne Aufmerksamkeitsstörung

Welche Symptome sind zu beobachten?

Die Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität zeigt sich darin, dass es diesen Kindern oder Jugendlichen schwer fällt, sich über längere Zeit auf eine Sache zu konzentrieren und sich damit zu beschäftigen (z. B. bei speziellen Arbeiten in der Schule, oder bei den Hausaufgaben). Die Kinder oder Jugendlichen lassen sich durch die Umgebung leicht ablenken und haben zumeist große Schwierigkeiten dabei, begonnene Arbeiten zu Ende zu führen.
In der Schule fallen ungünstige Arbeitsorganisation, ein langsames Arbeitstempo und fehlende Lernstrategien auf.

Häufig passieren den Kindern und Jugendlichen bei Arbeiten (Schularbeiten, Schul- oder Hausaufgaben) oft unerklärliche Flüchtigkeitsfehler.
Sie haben (zumeist im Unterricht und auch zu Hause) große Mühe, zuzuhören und sie fallen dadurch auf, dass sie vergesslich sind und manchmal Gegenstände verlieren.

Die Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität und Impulsivität zeigt sich dadurch, dass Kinder und Jugendliche mit hyperaktivem Verhalten durch ihre scheinbar unermüdliche Energie auffallen. So können sie zumeist nicht stillsitzen, weder zu Hause noch im Kindergarten oder in der Schule; sie zappeln andauernd herum. Manchmal kommt es sogar dazu, dass sie sich durch ungestümes und unüberlegtes Verhalten in gefährliche Situationen bringen, oder diese schlecht abschätzen können.

Ungeduld kann ein großes Problem darstellen. So müssen Antworten im Unterricht sofort raus gerufen werden, Ideen, die einfallen, können nicht warten.

Welche Probleme sind zu beobachten?

Zumeist treten die problematischen Verhaltensweisen in verschiedenen Lebensbereichen (in der Familie, bei Aktivitäten in der Freizeit und in der Schule) auf.
Im Schulalltag weisen viele Kinder mit Aufmerksamkeitsproblemen zudem schlechte / unterdurchschnittliche Schulleistungen auf.

Kinder, die Tendenzen zu Aggression und Trotz ausweisen, leiden oftmals darunter, dass sich andere von ihnen zurückziehen und sie keine / wenige Freunde haben.

Vielfach haben die betroffenen Kinder große Mühe, konzentriert zu arbeiten, wenn von ihnen selbständiges Arbeiten (z.B. Hausaufgaben) und eine längere Ausdauer erwartet werden. Dass die Konzentration bei z.B. diversen Computerspielen gelingt, ist KEIN BEWEIS GEGEN die Erkrankung.

Als Begleiterscheinungen finden sich oftmalig dissoziales Verhalten (Diebstähle, Einbrüche, u.ä.) und ein niedriges Selbstwertgefühl.

Diese Schwierigkeiten bleiben, wenn nichts dagegen unternommen wird, während der ganzen Schulzeit vorhanden. Früher dachte man, dass die Probleme mit der Pubertät enden; heute steht fest, dass die Probleme nicht von alleine verschwinden, sondern bis ins Erwachsenenalter weiter bestehen bleiben.

Aufmerksamkeitsstörungen treten bei Jungen mehrfach häufiger auf als bei Mädchen.

Was kann man gegen Aufmerksamkeitsstörungen tun?

Psychotherapie

Dabei werden grundlegende Fertigkeiten zur Selbststeuerung vermittelt.
Weitere Techniken können das Ziel haben, dem Kind zu helfen, sich in Schule und Familie in seine Rollen und Rollenerwartungen einzufühlen.

Mitarbeit des sozialen Umfelds

Da Kinder und Jugendliche mit Aufmerksamkeitsstörungen Schwierigkeiten dabei haben, sich selbst zu steuern, ist eine konsequente Steuerung von außen mit klaren Rollenverteilungen unvermeidbar.
Für das Gelingen der psychotherapeutischen Unterstützung ist die Mitarbeit der Eltern / Bezugspersonen von größter Notwendigkeit.

Die Bedeutung von Medikamenten

Medikamente können eine wichtige Ergänzung in der Behandlung darstellen. Vor allem wenn eine schwere Aufmerksamkeitsstörung mit ausgeprägter Unaufmerksamkeit, motorischer Unruhe und Impulsivität vorliegt können die Medikamente den Kindern und Jugendlichen helfen (durch die Anregung der Hirnareale, die für die Selbststeuerung und Hemmung von Verhaltensimpulsen zuständig sind), und dadurch wird das Verhalten des Kindes oder Jugendlichen ruhiger, konzentrierter und kontrollierter.

ADHS im Erwachsenenalter

Die Aufmerksamkeitsdefizit-(Hyperaktivitäts-)störung (ADHS) wird heute als eine der häufigsten psychischen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters angesehen.

Früher war man der Meinung, dass sich die Erkrankung im Jugendalter „ausheilt” und somit im Erwachsenenalter nicht mehr besteht. Heute ist jedoch wissenschaftlich belegt, dass ADHS-Symptome bei einem Großteil der Betroffenen auch im Erwachsenenalter weiter bestehen und immer noch eine große Beeinträchtigung darstellen.

Hinzu kommt, dass bei der Mehrzahl (ca. 80 bis 90 Prozent) der Betroffenen zusätzliche Erkrankungen neben der ADHS vorliegen (Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen und vor allem affektive Störungen – Untersuchungen schwanken diesbezüglich zwischen 9 und 42 Prozent), und diese Zusatzerkrankungen die Diagnostik und Therapie der ADHS im Erwachsenenalter oft erschweren.

Das Hauptproblem liegt jedoch nach wie vor darin, dass die meisten Betroffenen weder ausreichend diagnostiziert noch dementsprechend ausreichend behandelt werden.

Auftreten und Verlauf

ADHS tritt im Kindesalter mit einer Häufigkeit von fünf bis zehn Prozent auf und ist somit eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen.

Die ADHS-Kernsymptome sind Aufmerksamkeitsprobleme, Hyperaktivität und gesteigerte Impulsivität. Diese Symptome begleiten die Betroffenen lebenslang. Die Untersuchungsergebnisse schwanken sehr stark, im Durchschnitt kann man jedoch sagen, dass die Prävalenz von ADHS im Erwachsenenalter bei ca. 5 Prozent liegt.

„Übersehen” wird ADHS im Erwachsenenalter oftmals deswegen, weil es nach der Pubertät häufig zu einer Veränderung der Symptomatik kommt. Erwachsene Betroffene leiden zumeist zwar weiterhin am Aufmerksamkeitsdefizit, die hyperaktiven und impulsiven Symptome reduzieren sich manchmal deutlich. Außerdem entwickeln manche Patienten im Laufe ihres Lebens gute Kompensationsstrategien, sodass die typischen Krankheitssymptome wie Hyperaktivität oder Impulsivität im beruflichen und sozialen Umfeld weniger deutliche Einschränkungen zur Folge haben.

Folgen von ADHS

Die Symptome der ADHS gehen sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter zumeist mit massiven schulischen, beruflichen, familiären und sozialen Beeinträchtigungen und Erschwernissen einher.

So führen die mangelnde Konzentrations- und Leistungsfähigkeit in Ausbildung und Beruf sowie die Beeinträchtigung in der sozialen Interaktion häufig zu einem erheblichen Leidensdruck bei den Betroffenen und zu starken Belastungen beim sozialen Umfeld. Als Folgen findet sich nicht selten z.B. „Selbstmedikation” in Form von Substanzmissbrauch.

Heute wird angenommen, dass die im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich erhöhten zusätzlich auftretenden (psychischen) Erkrankungen (Depression bis über 40 %, Drogenmissbrauch ca. 4 %, Alkoholmissbrauch ca. 6 %, Generalisierte Angststörung 8 %, Belastungsstörung ca. 12 %, Panikstörung ca. 9 %, Agoraphobie ca. 4 %, Sozialphobie ca. 30 %, Zwangsstörung ca. 3 %) oft als Folge einer (meist unbehandelten) ADHS entstehen.

Diagnostik

Wie immer ist eine genaue psychologisch-diagnostische Abklärung und die Erfassung von Begleiterkrankungen entscheidend und kann entscheidende Hinweise für den weiteren Krankheitsverlauf liefern. Weiters kann die psychologische Diagnostik potenzielle Komplikationen abschätzen und gute Hinweise für die optimalen therapeutischen Maßnahmen geben, wodurch die Therapieprognose nachhaltig verbessert werden kann.

Psychotherapie

Viele erwachsene ADHS-Betroffene empfinden bereits eine adäquate Diagnose und entsprechende Aufklärung hinsichtlich der Erkrankung als Entlastung und als Motivation für den nächsten Schritt in Richtung Therapie.

Die Therapie der ADHS im Erwachsenenalter besteht in der Regel aus multimodalen Interventionen (Coaching / Psychotherapie, Psychoedukation & begleitende medikamentöse Therapie bei FachärztInnen).

Die Begleiterkrankungen dürfen in der Therapie keinesfalls vernachlässigt werden, da ansonsten keine langfristig stabilen Behandlungserfolge zu erreichen sind.

Oftmals sind die Problemverhaltensweisen und die daraus resultierenden sozialen und beruflichen Schwierigkeiten bei erwachsenen ADHS-Betroffenen einer alleinigen medikamentösen Therapie nicht zugänglich. Daher müssen nicht medikamentöse Maßnahmen wie Psychoedukation und Psychotherapie in der Therapieplanung unbedingt berücksichtigt werden.